Schlarpi
Schlarp ned eso. Me löpft d’Füess.
Ond sowiso es Meitli. Es Meitli
nemmt au ned eso grossi Schrett.
Du laufsch jo als wörd öpper
of di warte als hättsch en Termin als
bränntisch druf vo do wäg z’cho.
Ond pass besser uf was d’ seisch
wenn d’ seisch was dänksch denn
esch denn dööt schnäll nor no Gströpp
hocksch ellei im Egge mett de Händ
vorem Gsecht ond brüelisch.
Pass also uuf. S’esch ned schön
so ohni Schotz vo de Böim
emmer guet sechtbar för alli.
Ond wottsch di jo ned schäme.
Wottsch jo ned dass me seit
sigsch fräch ond verwöhnt
wöllisch z’schnäll vorwärts
oder laufisch wienen Maa.
Weisch die Andere
zeige der emmer
wer du besch. Also
suech dini Wort guet uus
wenn’s sy muess
verschliessisch sie i der.
Denn passiert der scho nüt
denn hämmer di gärn. Also
löpf dini Füess
lauf chli langsamer ond
stopf der ab ond zue
öppis is Muul. Gäll
das esch denn kei Information
das esch en Uuftrag.
Aus Gletscherstück:
Unter Ponys
Was ich wusste aber nicht wirklich wusste
(eigensinnig wie ein Pony): Glück und Verzweiflung
wechseln sich ständig ab. Später dann tieferes
Glück, tiefer die Verzweiflung. Dann
eine fortlaufendeGewöhnung
an härtere Beleuchtungen, schärfere
Einsichten, grössere Nüchternheit.
In einer Ackersenke scharf geschoren
die Schafe. Rückblickend zu viele Wattepads.
Ist es nicht süss was der Wind
mit den meterlangen Stirnfransen der Ponys
macht und wie sie plötzlich nichts
mehr sehen?
Aus Atlantis lokalisieren:
die namen der eisheiligen
auf der terrasse treibt der wind
blätter und kleine reste einer seilbahn
in unbestimmte ferne und an kalte geländer
an deinen fingerspitzen der bittere geschmack
von tabak so weit der mohn nun offen steht
und die eisheiligen sich dunkel
verzogen haben es rufen sie die kinder
ihre stimmen hell und noch in strophen
kaffeesatz in deinen gedanken warum
wachsen diese stauden nicht warum bricht
das festgebrannte licht das rauschen der
strasse das rauschen der häfen das
trampeln auf pfaden das donnern nicht
bitter auch dein letzter streit und
wie du hast fortwehen lassen was
noch zart und ohne worte war
för s’ meitli
weisch ich weiss emmer
nonig vell ich weiss
emmer echli meh
echli meh vo dööt woni gsii
be und einisch gseit han
ich tüeg’s vergässe
damet i s weder chan fende
damet i im fende chli cha zeige
wies gsii esch weder z’wösse
wies gsii esch vorem vergässe
Aus Die Kindheit ist eine Libelle
herbrig
bevor die weissen geranien welken
und die wehmut einkehrt
solange alles noch steht
muss ich es preisen
bevor jemand am betonkreuz
auf dem hügel jesus abmontiert
im regen zwischen linden und
schafen hängt er gut
sieht verkehrsschilder kommen
und gehen erste augustfeuer
massen kleiner mädchen auf dem weg
ins schwimmbad
bevor im keller der eltern
keine schachteln mehr stehn
und sie müde den garten ausräumen
muss ich noch einmal
mit den haflingern die auffahrt
nehmen mich mahnen: verlier zum tor
die fernbedienung nicht und nenn
den hund der nachbarn elvis
Prosa
Astlöcher & Augenpaare
Gestern Abend haben wir Kroschniks zum Abendessen in die Ferienwohnung meiner Eltern eingeladen. Wir haben das schöne Geschirr benutzt, die Teller mit dem Goldrand, die Proseccokelche, die dickbauchigen Weingläser.
Kurz vor Mitternacht sind sie durch den Schnee zurück in ihr Hotel und wir haben alles stehengelassen. Sind zufrieden ins Bett, denn die Gäste haben gut gegessen, viel erzählt, gelacht. Arbeitsauftrag erfüllt. Das meine ich nicht zynisch, ich sehe den Sinn darin. Kroschniks Bauch ist noch einmal grösser geworden, zwischen zwei Knöpfen auf Nabelhöhe spannt sein Hemd so sehr, dass es den Blick auf den nackten Bauch frei gibt. Ich war froh drum, der Anblick hat mich entspannt.
Sie haben lange von ihrer Safari letztes Jahr in Botswana erzählt. In was für eine Sphäre einen der Anblick der wilden Tiere versetzt. Die bringen dich sofort auf Stufe 5 runter, meinte Lesley. Ihr Sohn zeigte uns Fotos von Elefanten natürlich, Zebras am Wasserloch, einem Leoparden, aufgenommen durch das Fernrohr. Ein prächtiges Löwenpaar unter einem Baum, die Mähne des Männchens dunkel und wild. Lesley erzählte, wie nahe sie einmal einem Gebüsch kamen, in dem eine Löwin mit ihren Jungen lag. Als sie das Gebrüll der Löwenmutter hörten, rannten einige von ihnen weg, etwas, was man auf gar keinen Fall tun darf. Der Guide - nur mit einem Stock bewaffnet - schüttelte den Kopf, immer wollen alle die Löwen sehen und wenn sie dann vor ihnen stehen, rennen sie weg. Ich habe gefragt, ob sie auch an die Szene aus «Out of Africa» denken mussten, aber sie haben den Film noch nie gesehen. Zum Schluss zeigte der Sohn noch ein Foto von einem riesigen Krokodil. Ein Tier, das keine Angst kennt, dass grössenwahnsinnig sogar Elefanten angreift. Lesley sagt, Stammhirn eben. Ihr Sohn sagt, du immer mit deinem Stammhirn.
Im Bett haben Nico und ich noch eine Weile die Astlöcher in der Holzdecke angeschaut, Augenpaare, die uns skeptische Blicke zu warfen. Wir waren uns einig, dass wir so eine Safari niemals machen könnten. Wieviel Einheit, wieviel unerklärtes, blindes Einverständnis braucht es für eine Freundschaft? Ich mag Kroschnicks trotzdem. Trotz der Fotos und langweiligen Geschichten, ich mag sie für etwas anderes und ich bin froh, dass ich sie trotzdem mögen kann. Ich sitze auf einer Tannenspitze und denke, aha, so lebt ihr also eure Variante. Und höre dabei meine alte Freundin Susanna, die mir früher immer geraten hat, eine andere Perspektive einzunehmen, auf unseren langen Streifzügen über den Weissenstein.
Nach dem Frühstück beginnt Nico mit dem Abwasch. Ich will sagen: Lass mich machen. Lass die Weingläser stehen. Ich kann es besser. Sie müssen perfekt zurück in den Schrank. Ausserdem brauchst du ein frisches Geschirrtuch.
Aber ich sage nichts und beobachte die Bergdohlen vor dem Fenster. Der Schnee liegt wieder meterhoch auf dem Balkon wie letztes Jahr, als man vom Esstisch aus keine freie Sicht mehr auf die Berge hatte. Gestern habe ich auf der gegenüberliegenden Strassenseite einen nackten Mann gesehen, wie er sich mit rotem Kopf in die Schneemassen auf seinem Balkon fallen liess und dabei laut schrie.